Dokument 66
Aktenvermerk von Engelhardt über einen in Oelsnitz eintreffenden Transport
sowjetischer Zivilarbeiter für den Kohlenbergbau vom 13.8.1943
Sächsisches Bergarchiv Freiberg GGS-LU 370.
„Betr.: Ostarbeiter Neuer Transport
Die am 7.8.1943 durch das Arbeitsamt angekündigten Ostarbeiter sind am 9.8.1943 16.30 Uhr mit der
Straßenbahn eingetroffen. Diese Ostarbeiter kamen vom Durchgangslager Dresden A 5, Bremer
Straße.
Altersmäßig waren es:
9 Mann
=
16 - 17 Jahre,
1 ‘‘
=
52 ‘‘
3 ‘‘
=
45 - 50 ‘‘
2 ‘‘
=
mittl. Jahrgang.
Diese Ostarbeiter waren noch nicht eingesetzt und sind Mitte Juli diesen Jahres von der Ukraine nach
Deutschland transportiert worden. Sie gaben an, ihr Einsatz sei nicht freiwillig, sondern die Polizei
hätte sie in ihrer Heimat zusammengetrieben und nach Deutschland verladen. Die Bekleidung war in
einem erbarmungswürdigen Zustand. Neun Mann waren vollständig barfuß, hatten nur eine mit Draht
zusammengehängte Hose an, ein ärmelloses Hemd, das z. T. in Fetzen herunterhing und waren
vollständig verdreckt. Nur wenige trugen brauchbare Schuhe und hatten etwas sonstiges Gepäck bei
sich.
Auch diese Ostarbeiter kommen schon geistig vergiftet hier an. Auf dem kurzen Wege von der
Straßenbahn in das Lager wurde der Lagerbetreuer Irrgang von den Ostarbeitern gefragt, wie viel in
dem Lager, in dem sie untergebracht werden schon verstorben seien und wie viele wöchentlich in der
Grube sterben.
Am nächsten Tag, dem 10.8.1943, wurden früh mit dem Arbeitsamt (Sachbearbeiter Stöckel) die
Verhandlungen aufgenommen, auch den zweiten Ostarbeiter-Transport auf Bergbautauglichkeit
ärztlich untersuchen zulassen. Jeder Ostarbeiter brachte von Dresden ein ärztl. Gutachten
(Reihenuntersuchung) mit, mit dem Vermerk: „Tauglich? ja“, „Lagerfähig? ja“. Diese beiden Vermerke
hält das Arbeitsamt für gültig und damit soll auch die Bergbautauglichkeit zum Ausdruck gebracht
sein.
Schon am ersten Abend meldeten sich bei der Befragung drei Mann von dem neuen Transport krank.
Das Arbeitsamt wollte die Kosten der Untersuchung, ähnlich wie beim ersten Transport, nicht
übernehmen. Ich habe dann mit Herrn Dr. med. Reinhold verhandelt und ihn gebeten, noch im Laufe
des Dienstags die Untersuchung auf unsere Kosten vorzunehmen, damit wir erst einmal übersehen
können, inwieweit die neu Zugewiesenen einsatzfähig sind. Dabei wurden sechs Ostarbeiter als
untauglich für den Bergbau ausgemustert; ein weiterer Ostarbeiter soll vorläufig etwa 14 Tage über
Tage eingesetzt werden, um ein Karbunkel abheilen zu lassen; der Rest ist grubenfähig.
Die Untauglichen sind am Mittwoch früh dem Arbeitsamt gemeldet worden, und es wurde um
sofortige Umsetzung gebeten. Wir haben diese sechs Bergbauuntauglichen am gleichen Tage um
12.00 Uhr zum Arbeitsamt geschickt. Von dort aus soll [ein] Einsatz in der Landwirtschaft erfolgen.
gez. Engelhardt“
zit. Hans-Christoph Seidel und Klaus Tenfelde (Hrsg.) unter Mitarbeit von Jens Adamski: Zwangsarbeit im Bergwerk.
Der Arbeitseinsatz im Kohlebergbau des Deutschen Reiches und der besetzten Gebiete im Ersten und Zweiten
Weltkrieg. Band 2 Dokumente, Essen 2005, S. 221f
Dokument 53
Aktennotiz zu einer Besprechung der westsächsischen Steinkohlenbergwerke
über die Anlegung weiterer Kriegsgefangener vom 5.8.1942
Sächsisches Bergarchiv Freiberg GD-OEL 633.
“Am Montag, den 27. Juli fand im Dienstzimmer des Unterzeichneten eine Besprechung der
westsächsischen Steinkohlenwerke über die Frage des Arbeitseinsatzes statt, nachdem die
Reichsvereinigung Kohle telegrafisch das Eintreffen von 2.000 Kriegsgefangenen angekündigt
hatte, die auf die Werke verteilt werden sollten. Mit Rücksicht auf einen soeben erfolgten Schritt
der Kohlenverteilungsstelle für den sächsischen Steinkohlenbergbau wegen des Absinkens der
sächsischen Steinkohlenförderung machte Herr Bergdirektor Steinmayer als Leiter der
Bezirksgruppe mit Nachdruck darauf aufmerksam, dass die Werke sich entschließen müssten,
die Höchstmenge an Arbeitskräften jetzt hereinzunehmen, um die Förderung zu halten bzw. zu
erhöhen. Auf diese Frage erweiterten ihre bisherigen Anforderungen an Kriegsgefangenen der
Erzgebirgische Steinkohlen-Aktienverein um 100 Mann, die Gewerkschaft Gottes Segen ebenfalls
um 100 Mann, während die Gewerkschaft Deutschland und die Gewerkschaft Morgenstern
erklärten, mit ihren letzten Anforderungen alle Möglichkeiten erschöpft zu haben. Der
Gersdorfer Steinkohlenbauverein kommt für die Aufnahme von Kriegsgefangenen nicht in
Betracht. Es wird des weiteren festgestellt, dass Gewerkschaft Gottes Segen für diese weiteren
100 Mann eine Baracke in Oelsnitz benötigt, während der Erzgebirgische Steinkohlen
Aktienverein zur Unterbringung dieser Leute Gebäude umbauen wird. Der Unterzeichnete teilt
mit, dass er fernmündlich beim Steinkohlenwerk Zauckerode festgestellt hat, dass auch dort
eine Aufnahme von Kriegsgefangenen nicht in Betracht kommt.“
zit. Hans-Christoph Seidel und Klaus Tenfelde (Hrsg.) unter Mitarbeit von Jens Adamski: Zwangsarbeit im
Bergwerk. Der Arbeitseinsatz im Kohlebergbau des Deutschen Reiches und der besetzten Gebiete im Ersten und
Zweiten Weltkrieg. Band 2 Dokumente, Essen 2005, S. 106
Dokument 330
Aushang der Regiser Kohlenwerke der Deutschen Erdöl AG über den Umgang
mit sowjetischen Zivilarbeitern vom 30.5.1942
Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Regiser Braunkohlenwerke 60/2, B1. 38.
„Wir geben der Gefolgschaft bekannt, dass eine Anzahl sowjetrussischer Zivilarbeiter in unserem
Betrieb zum Einsatz gekommen ist. Die Arbeiter werden mit einem rechteckigen Kennzeichen
versehen, das bei blauweißer Umrandung auf blauem Grunde die Aufschrift „Ost“ in weißer
Farbe zeigt. Den russischen Arbeitern ist jeder nicht durch den Arbeitseinsatz bedingte Umgang
mit Personen deutscher Staatsangehörigkeit und mit anderen ausländischen Zivilarbeitern oder
mit Kriegsgefangenen verboten.
Das Bewachungs- und Aufsichtspersonal hat den Arbeitern gegenüber die gebotene
Zurückhaltung zu üben und Ruhe, Ernst und Festigkeit zu bewahren, Unnötige Gespräche,
Ungerechtigkeiten oder Bevorzugung Einzelner sind verboten. Jeder Verkehr mit den Arbeitern,
der über die Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben hinausgeht, ist auch den Aufsichtspersonen
untersagt. Dazu gehören insbesondere die Vermittlung von Aufträgen, die Annahme von
Geschenken usw.
Bei den geringsten Anzeichen von Widersetzlichkeit und Ungehorsam ist rücksichtslos
durchzugreifen und Widerstand unbedingt zu brechen. Fluchtversuche von jedem
Gefolgschaftsmitglied zu verhindern.
Regiser Kohlenwerke“
zit. Hans-Christoph Seidel und Klaus Tenfelde (Hrsg.) unter Mitarbeit von Jens Adamski: Zwangsarbeit im
Bergwerk. Der Arbeitseinsatz im Kohlebergbau des Deutschen Reiches und der besetzten Gebiete im Ersten und
Zweiten Weltkrieg. Band 2 Dokumente, Essen 2005, S. 806f.
Dokument 152
Schreiben der Braunkohlengrube Erika der Ilse Bergbau AG bei Schwarzkollm
an Landrat Dr. Behr in Hoyerswerda über die Beurteilung der
Arbeitsleistungen von sowjetischen Kriegsgefangenen vom 9.9.1942 (Auszug)
Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 75 Ilse Bergbau AGNr. 319/M.
„[...]
In diesem Zusammenhange wird Sie noch eine Beurteilung der sowjetrussischen
Kriegsgefangenen bei der Arbeit interessieren, wie diese mir gestern anhand genauer
Unterlagen von meinen Betriebsleitern gegeben worden ist. Von 300 sowjetrussischen
Kriegsgefangenen zeigen eine voll befriedigende Arbeitsleistung nur 100 Mann, 50 Mann sind
weit unter dem Durchschnitt, 30 Mann halten mit ihrer Arbeitsleistung offensichtlich zurück und
sind renitent, während der Rest von 120 Mann absolut unbrauchbar ist. Diese sind zu schwach
und blöde sowie dauernd krank, sodass sie auch für einfachste und primitivste Arbeiten nicht
verwendet werden können. Insbesondere sind die uns in der letzten Zeit zugeteilten
sowjetrussischen Kriegsgefangenen außerordentlich minderwertig. Während wir uns die ersten
Russen in Mühlberg (23) selbst aussuchen durften und mit diesen naturgemäß recht gute Erfolge
hatten, hat sich mit den letzten Zuweisungen das Stalag Hohnstein (24)ganz offensichtlich
„ausgemistet“ und uns fast nur minderwertige Arbeitskräfte gestellt. Natürlich wirkt das Beispiel
der schlecht arbeitenden und faulen Russen ansteckend auf die Arbeitswilligen. Wir haben
deshalb zu erzieherischen Maßnahmen gegriffen, indem die faulen und renitenten Russen in
einer Sonderbaracke untergebracht worden sind. Diese bekommen eine geringere Verpflegung
und keine Rauchwarenzuteilung da sie ja krank sind. Das Ersparte wird den Arbeitswilligen als
Belohnung zugeteilt. Wir sind auch beim Stalag IV/a vorstellig geworden und haben um
Austausch dieser 120 Mann gebeten. Die 30 renitenten Elemente erhalten eine besondere
Kennzeichnung und werden in einer besonderen Arbeitsgruppe unter schärfster Bewachung
und Anwendung strengster Mittel zur Arbeit erzogen. Sehr begrüßenswert ist auch der Erlass
des OKW, welcher vom General von Graevenitz unterschrieben ist und nach welchem auch die
Wachmannschaften für die Arbeitsleistung der Kriegsgefangenen mit verantwortlich sind. Dieser
Punkt lag bisher sehr im Argen, denn die Posten sahen ihre Aufgabe lediglich darin, die
Gefangenen zu und von der Arbeit zu begleiten. Ich nehme an, dass auch diese Verhältnisse Sie
interessieren werden.
Mit Glückauf und Heil Hitler
Ihr sehr ergebener
gez. Raack“
23 Mannschaftsstammlager IV B Mühlberg/Elbe.
24 Mannschaftsstammlager IV A Hohnstein-Schandau.
zit. Hans-Christoph Seidel und Klaus Tenfelde (Hrsg.) unter Mitarbeit von Jens Adamski: Zwangsarbeit im
Bergwerk. Der Arbeitseinsatz im Kohlebergbau des Deutschen Reiches und der besetzten Gebiete im Ersten und
Zweiten Weltkrieg. Band 2 Dokumente, Essen 2005, S. 425f.
Dokument 266
Schreiben der Gewerkschaft Gottes Segen in Oelsnitz an die Bezirksgruppe
Steinkohlenbergbau Mitteldeutschland über die Ernährungslage der
sowjetischen Kriegsgefangenen vom 11.3.1944
Sächsisches Bergarchiv Freiberg GGS-LU 224. Zweitausfertigung.
"Durch die verminderte Zuteilung von Kartoffeln und Gemüse ist es schon seit vergangenem
Herbst nicht mehr möglich, unsere sowjetruss. Kriegsgefangenen ausreichend zu ernähren. Die
Gewichtsabnahme und somit der Kräfteverfall der sowjetruss. Kgf. ist erschreckend hoch. Seit
Oktober 1943 ist bei uns eine durchschnittliche Gewichtsabnahme von 7,2 kg je
Kriegsgefangenen festgestellt worden.
(...) Während es bis zum Oktober 1943 stets möglich war, Weiß- und Sauerkraut, Möhren,
Kohlrabi, Rüben usw. in ausreichender Menge zu beschaffen, ist es seit diesem Zeitpunkt
ausgeschlossen, irgendetwas Zusätzliches zu kaufen. Die zuzuteilende Menge an Essen musste
wesentlich herabgesetzt werden. Da der Russe die zugeführte Nahrung schlecht auswertet, d.h.
große Mengen verbraucht, die ihm nicht zugeteilt werden können, sinkt das Körpergewicht und
damit die körperliche Kraft. Es ist zu erwarten, dass der Kräfteverfall sich in sehr kurzer Zeit stark
mindernd auf die Leistung auswirkt. Wir versuchen Abfälle für die Kgf. nutzbar zu machen.
Ungeschälte Kartoffeln wollen die Russen nicht essen. Wir lassen nach Säuberung und
sorgfältiger Entkeimung die Kartoffeln nur ganz leicht durch die Schälmaschine laufen, damit nur
die äußerste harte Schale entfernt wird und für das Eintopfgericht die Kartoffel etwa wie eine
ungeschälte neue aussieht, damit keinesfalls Stärkegehalt verloren geht. Auch die Abfälle der
Kartoffeln von der Schälmaschine der deutschen Gefolgschaftsküche geben wir dem Russen-
Essen zur Verdickung bei. Versuche, getrocknete Kartoffelschalen als Streckmittel dem Brot
beibacken zu lassen, sind noch nicht abgeschlossen. Diese Maßnahmen dürften aber lange nicht
genügen, den Kräfteverfall bei den sowjetruss. Kgf. aufzuhalten. Es ist vielmehr mit einem
völligen Versagen der sowjetruss. Kgf. zu rechnen, wenn es in absehbarer Zeit nicht gelingt, mehr
Lebensmittel, ganz gleich welcher Art, zu erhalten. Wir bitten Sie, geeignete Schritte zu
unternehmen, dass uns größere Lebensmittelmengen für die Russen zugeteilt werden.
Glückauf und Heil Hitler!
gez. Steinmayer"
zit. Hans-Christoph Seidel und Klaus Tenfelde (Hrsg.) unter Mitarbeit von Jens Adamski: Zwangsarbeit im
Bergwerk. Der Arbeitseinsatz im Kohlebergbau des Deutschen Reiches und der besetzten Gebiete im Ersten und
Zweiten Weltkrieg. Band 2 Dokumente, Essen 2005, S. 675f.
4. Aufgabe
Der Stadtarchitekt von Dresden, Paul Wolf,
schrieb am 20. August 1945 an den Ober-
bürgermeister, dass er am Wiederaufbau
Dresdens mitwirken wolle. Es treibe ihn
dazu "nicht die Sorge um mein tägliches Brot,
sondern die Sorge um den Wiederaufbau
unserer schönen Stadt Dresden,
die angesichts der besonderen
nationalen und internationalen Bedeutung
des historischen Stadtbildes für mich alle
anderen Sorgen zurückstellen lässt."
Er schrieb weiter, "dass ich zwar seit
1.5.1933 Mitglied der NSDAP gewesen bin,
jedoch kein Amt in der Partei bekleidet
habe und auch nie aktivistisch tätig gewesen
bin."
Stadtarchiv Dresden, Dezernat Oberbürgermeister 650, Bl. 214, statt Brot versehentlich Bort
Setze dich mit dieser Aussage auseinander. Entwirf einen Antwortbrief.
Der deutsche Gott (1914)
Der Gott, der aus unseren Kanonen spricht,
der Gott, der eure Festen zerbricht,
der auf unsern Schiffen das Meer durchbraust,
mit unseren Fliegern am Himmel saust,
der Gott unserer Schwerter, vor dem euch graust,
es ist der gleiche allmächtige Geist,
der schon Jahrtausende lang
über Deutschland kreist,
durch all unser Leben weht und braut,
auf dem wir alle auferbaut!
Wotan, der alte Wolkenwandrer
unsrer Väter, war Er und kein andrer.
Nicht der Soldat (1937)
Nicht der Soldat
hat für den Krieg zu sorgen.
Sein ist die Tat
von heute, nicht von morgen.
Die Sorgen hat der General.
In seines Herzens Gewissensqual,
in seinem Willen hart wie Stahl
ruhen die andern geborgen.
Halte dein Blut rein (1937)
Halte dein Blut rein.
Es ist nicht nur dein.
Es kommt weit her.
Es fließt weit hin.
Es ist von tausend Ahnen
schwer.
Und alle Zukunft strömt
darin.
Halte rein das Kleid
Deiner Unsterblichkeit.
Erich Kästner
Stimmen aus dem Massengrab (1928)
Da liegen wir und gingen längst in Stücken.
Ihr kommt vorbei und denkt: sie schlafen fest.
Wir aber liegen schlaflos auf dem Rücken,
weil uns die Angst um Euch nicht schlafen lässt.
Wir haben Dreck im Mund. Wir müssen schweigen.
Und möchten schreien, bis das Grab zerbricht!
Und möchten schreiend aus den Gräbern steigen!
Wir haben Dreck im Mund. Ihr hört uns nicht.
Ihr hört nur auf das Plaudern der Pastoren,
wenn sie mit ihrem Chef vertraulich tun.
Ihr lieber Gott hat einen Krieg verloren
und lässt euch sagen: Laßt die Toten ruhn!
Ihr dürft die Angestellten Gottes loben.
Sie sprachen schön am Massengrab von Pflicht.
Wir lagen unten, und sie standen oben.
„Das Leben ist der Güter höchstes nicht.“
Da liegen wir, den toten Mund voll Dreck.
Und es kam anders, als wir sterbend dachten.
Wir starben. Doch wir starben ohne Zweck.
Ihr lasst Euch morgen, wie wir gestern, schlachten.
Vier Jahre Mord, und dann ein schön Geläute!
Ihr geht vorbei und denkt: sie schlafen fest.
Vier Jahre Mord, und ein paar Kränze heute.
Verlasst Euch nie auf Gott und seine Leute!
Verdammt, wenn ihr das je vergeßt!
Erich Kästner: Herz auf Taille
Zürich: Atrium-Verl., 1985, S. 127
Theodor Kramer
ICH BIN SO VIEL ZU HAUS
UND BIN SCHON NICHT MEHR HIER (1938)
Ich bin so viel zu Haus und bin schon nicht mehr hier,
was ich an Schriften hab, das trag ich stets bei mir;
die Borde sind verstaubt, die Tücher reißen ein,
das Bett, in dem ich schlaf, das ist schon nicht mehr mein.
Wohin ich gehen werde, weiß ich heut noch nicht,
nur daß ich gehen muß, weiß ich wie eine Pflicht;
ich denke mir es aus, ich sage es mir vor:
es wird mir nicht zur Schau, es dringt nicht an mein Ohr.
Bekannte aufzusuchen, fällt mir selten ein,
es kann nie ein Beginn und nur ein Ende sein;
das Wort, das treffen wollt, es gilt nichts und verpufft,
mir ist, als hinge ich seit Wochen in der Luft.
Von dem, was einmal war, trennt lang schon mich ein Riß;
daß alles ungewiß ist, ist allein gewiß.
Die Maus selbst hat ihr Loch; ein Ziel winkt, wenn sie ziehn,
den Staren… Nur der Mensch lebt so im Nichts dahin.
Theodor Kramer: Wien 1938 - Die grünen Kader (Gedichte).
Globus Verlag, Wien 1946, S. 67
Aufgabe 2: Seite 2
Zwei ganz normale Frauen ?
Irma Händel:
„Sechs Jahre - 1933 - 1939 - bis Kriegsbeginn, waren viel zu kurz, um der
Ausrichtung, dem Versuch der Jugend ein Ideal auszubauen, es zu stabilisieren,
in friedlicher Zeit den Übergang in das Erwachsenensein aufzubauen und.
auszubauen. Dennoch waren diese kurzen Jahre, da es der Jugend gestattet
worden war, sich frei zu entfalten, ein unwiderlegbarer Beweis wie richtig und
gesund unsere Zielvorstellungen waren dafür, daß die Kriegsjahre so
heldenmütig und tapfer bis zum bitteren Ende durchgestanden wurden.“
Abschnitt 1:
a.
Arbeite
und den Teil
des Interviews durch und beschreibe den Weg von Irma Händel zur
hauptamtlichen Mitarbeiterin des BDM.
Achte dabei besonders auf folgende Dinge:
•
Verhältnis zu ihren Eltern
•
Schulbesuch
•
Aktivitäten vor 1933
b.
Beurteile ihre Einstellung zum Nationalsozialismus!
Abschnitt 2 :
a.
Beschreibe die Aufgaben, die Irma Händel im BDM zu erfüllen hatte.
b.
Arbeite heraus, was für Irma Händel bedeutsam an ihrer Arbeit war und
welches Verhältnis sie zu ihren Mitarbeiterinnen hatte.
Abschnitt 3:
a.
Nimm Stellung zu der Aussage Irma Händels über die
Unabhängigkeit der
Arbeit des BDM.
b.
Arbeite heraus, was Irma Händel an der Entwicklung des BDM ab
1936 kritikwürdig fand.
Abschnitt 4:
a.
Vergleiche die Ziele der nationalsozialistischen Frauenpolitik mit den
Beispielen der Arbeit des BDM.
b.
Arbeite heraus, was für Irma Händel das Besondere der Arbeit des BDM
bzw. der Jugendarbeit überhaupt in dieser Zeit war.
Abschnitt 5:
a.
Irma Händel stellt in diesem Abschnitt einen Vergleich zwischen der Zeit
des Nationalsozialismus und der Gegenwart her. Zu welcher Einschätzung
gelangt sie dabei?
b.
Beurteile ihre Einstellung zum Nationalsozialismus.