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Fachliche Einführung und Entscheidungshilfe

In vielen Bereichen vor allem im Internet sind Menschen mit sogenannten Verschwörungstheorien konfrontiert. Verschwörungserzählungen bieten für ihre Anhänger und Anhängerinnen vermeintliche Erklärungen für historische Zusammenhänge oder auch für wirtschaftliche und soziale Geschehnisse. Dabei wird ein dualistisches Weltbild imaginiert, das auf der einen Seite vom bösen Verschwörer ausgeht, dem auf der anderen Seite das Gute, die allgemeine Bevölkerung, gegenübersteht. Verbunden damit ist in Teilen auch eine Wissenschaftsskepsis, die beispielsweise in der Rede von der „Klimalüge“ oder der „Chemtrail“-Erzählung ihren Ausdruck findet. Laut dem Wissenschaftsbarometer, einer regelmäßig durchgeführten Studie, ist zwar die Mehrzahl der Befragten an Wissenschaft interessiert, doch sind viele auch skeptisch und unentschieden, wenn es darum geht, ob Wissenschaftler zum Wohl der Gesellschaft arbeiten.

Im Gegensatz zu wissenschaftlichen Theorien, die logisch und nachweisbar sein sollen, erfüllen Verschwörungstheorien diese Standards meist nicht. So wirken Verschwörungstheorien meist über einen emotionalisierten Zugang und erreichen dadurch eine große Gruppe, zumal sie durch leichtere Sprache meist verständlicher formuliert sind als wissenschaftliche Ausarbeitungen. Verschwörungstheorien sind nach wissenschaftlichen Standards keine Theorien im eigentlichen Sinne des Begriffs, weil sie nicht nachweisbar sind bzw. von nicht verifizierten Grundannahmen ausgehen. Wissenschaftliche Theorien sind zudem in sich widerspruchsfrei und nach wissenschaftlichen Standards auch überprüfbar.
Das Modul greift den Aspekt der Unwissenschaftlichkeit von Verschwörungstheorien auf. In Anlehnung an das Sparsamkeitsprinzip wissenschaftlicher Theoriebildung (vgl. „Ockhams Rasiermesser“) werden zwei wesentliche Elemente einer wissenschaftlichen Theorie plausibel gemacht. Zum einen wird gezeigt, dass in der Wissenschaft von nachprüfbaren Vorannahmen ausgegangen werden soll, und zum anderen soll gezeigt werden, dass Theorien mit übermäßig vielen unüberprüfbaren Vorannahmen vernachlässigt werden können, wenn eine einfache, sparsame Theorie den Sachverhalt ausreichend gut und plausibel erklärt.
Oft enthalten Verschwörungserzählungen antisemitische Elemente, dadurch bietet das Modul einen niedrigschwelligen Zugang zur antisemitismuskritischen Bildungsarbeit.

Ziele:

  • Die Teilnehmenden sind befähigt, die Unwissenschaftlichkeit von Verschwörungstheorien zu erkennen.
  • Die Teilnehmenden nutzen die erarbeiteten Inhalte als erste Herangehensweise beim Kontakt mit sogenannten Verschwörungstheorien.

Kurzablauf:

AblaufMethodeMaterialZeitumfang
Einstieg,
kurze Lösungstheorien finden
Präsentation der Geschichte,
Vergabe, Erklärung der Aufgabe
Einzelarbeit
Arbeitsblatt mit Geschichte, Stifte10 Minuten
Überprüfung der LösungstheorienGruppenarbeitArbeitsblatt mit Tabelle, A3-Papier und Stifte20 Minuten
Präsentation der Lösungen und
Ergebnissicherung
Kurzvorträge der Gruppen,
Zusammenfassung (optional: Verweis auf Ockhams Rasiermesser), Diskussion, Nachfragen
Tafel15 Minuten

Ablauf:

1) Präsentieren Sie den Teilnehmenden eine kurze Geschichte oder ein Rätsel, deren Hintergründe bzw. Lösung unerklärt bleiben. Im Anschluss soll in Einzelarbeit eine kurze Lösung der Geschichte schriftlich erarbeitet werden. Dazu kann das vorbereitete Arbeitsblatt genutzt werden. Für die Erarbeitung der Lösungsmöglichkeiten haben die Teilnehmenden 5 Minuten Zeit.

Beispielgeschichte:

Julius, ein begnadeter Online-Spieler, hatte mehr als zwei Tage durchgespielt, um einen Kampf gegen seinen Erzrivalen Leo zu bestreiten. Nach den zwei Tagen fand man ihn tot an seinem Rechner. Der obduzierende Arzt konnte lediglich Herzstillstand feststellen.

Was ist passiert?

10 Minuten

2) Die Teilnehmenden überprüfen nun in Gruppenarbeit die verschiedenen Erklärungsmöglichkeiten mithilfe der Tabelle. Jede Gruppe bearbeitet mehrere Auflösungen der Geschichte, nur möglichst nicht die eigenen. Die Aufgabe besteht dabei darin, effektiv und schnell zu arbeiten und zu sortieren, welche der Lösungsgeschichten am wahrscheinlichsten ist. Die Lösungsgeschichten werden in kleine Bestandteile (die einzelnen Vorannahmen) zerlegt, die dann nach Glaubhaftigkeit beurteilt werden.

Arbeitsauftrag:

  • Benennen Sie mithilfe der Tabelle die einzelnen Bedingungen (Vorannahmen) der Geschichte und beurteilen Sie die Wahrscheinlichkeit dieser!

20 Minuten

3) Alle Gruppen stellen nun nacheinander ihre Arbeitsergebnisse vor. Der Teamende fasst die Ergebnisse bezogen auf die Fragestellung zusammen. Dabei kann ein Hinweis auf die Adaption des Modells zur wissenschaftlichen Theoriebildung nach Ockham (Ockhams Rasiermesser, siehe Literaturhinweis) hilfreich sein. Wichtig ist, dass besonders absurde Theorien durch die Anzahl der nicht klärbaren Variablen und Vorannahmen ausscheiden. Am Ende sollte auf die praktische Anwendungsmöglichkeit im Alltag bei Kontakt mit sogenannten Verschwörungstheorien hingewiesen werden.

Fragen:

  • Welche der Erklärungen ist am wahrscheinlichsten? Welche Erklärung ist logisch?
  • Welche Erklärung konnte am einfachsten ausgeschlossen werden und warum?
  • Welche Erklärung hat bei der Bearbeitung am meisten Zeit in Anspruch genommen?

Wichtig: Es sollte klar herauskommen, dass dieses Vorgehen nicht unbedingt eine Aussage über den tatsächlichen Hergang ermöglicht, sondern nur dazu dient, die unnötigsten Vorannahmen und die unwahrscheinlichsten und am schlechtesten verifizierbaren Theorien auszusondern.

15 Minuten

Literatur und weiterführende Links: